Texte

Der Bild­hauer Hans Dieter Bohnet hat die Skulp­tur im öffentlichen Raum von Anfang an als eines sein­er Haup­tar­beits­ge­bi­ete verstanden.
ln Architek­tur und Land­schaft inte­gri­erte bild­hauerische Gestal­tung war ihm ein wichtiges Anliegen.
Der Bild­hauer hat sich an über 60 Wet­tbe­wer­ben be­teiligt und etwa 40 gewonnen.
(Arbeit­en u.a. in Böblin­gen, Bonn, Bre­men, Göt­tin­gen, Heil­bronn, Köln, Korb, Korn­wes­t­heim, Lud­wigs­burg, Regens­burg, Stuttgart, Tübingen).
Von inten­siv­en Natur ‑und Anatomi­es­tu­di­en aus­ge­hend, gelangte der Kün­stler in den 50er Jahren zur Abstraktion.
Aus organ­isch veg­etabilen For­men entwick­elt er nach und nach archais­che Zeichen.
Sein Romer­leb­nis bewirkt dann die Auseinan­der­set­zung mit dem The­ma »Innen und Aussen« inner­halb der Skulptur.
Aus ein­er Sehn­sucht nach Klarheit her­aus wandte er sich in den 60er Jahren den stere­ometrischen Kör­pern zu
und befaßte sich fort an vor allem mit der Kugel und dem Kubus. Diese Ide­alkör­p­er vol­lkommen­er Regelmäßigkeit,
die er durch gezielte Teilun­gen und Ein­schnitte öffnet, ver­wan­delt der Bild­hauer durch mod­i­fizierte Zusammenfügungen
der so ent­stande­nen Teile gle­ich­sam spiele­risch in span­nungs­ge­ladene Objekte.

 

NACHRUF
HANS DIETER BOHNET
1926–2006

Den Tod fürchte er nicht, sagte er, als wir beisam­men waren in Griechen­land, vor uns das gleisende Meer in der Mittagsonne.
Und früher in Rom, wie unter klas­sis­ch­er Auf­sicht, fast ein halbes Jahrhun­dert her, in der Vil­la Mas­si­mo, der Anfang ein­er Freundschaft.
Gibt es bessere Begeg­nungsstät­ten für den Bild­hauer und Maler?!
Die Umstände, wie sich sein Leben fügte, hät­ten nicht gün­stiger sein kön­nen, damals in Stuttgart, als er mit dem Architek­turstudi­um begann,
dann zur Akademie wech­selte, um bei Baum die Kun­st der Bild­hauerei zu erler­nen, im Kli­ma ver­lässlich­er Tradition.
Architek­tur und Bild­hauerei, artver­wandte Diszi­plinen, ursprünglich vere­int, bleiben Impuls sein­er Arbeit, plas­tis­che Ord­nun­gen ausloten,
ein Leben lang zur vorherrschen­den Auf­gabe. Bald erregt er Aufmerk­samkeit, misst sich mit den Besten und, früh schon Gewin­ner bedeu­ten­der Wettbewerbe,
wird er bis zum Ende der kom­pe­tente Bild­hauer bleiben, wenn es um die Gestal­tung öffentlich­er Baupro­jek­te geht, Lösun­gen von Auf­gaben mit hohen Ansprüchen,
wie beispielshaft sein Beitrag zur IGA Stuttgart.
Es geht um Form! Sein Cre­do ist die Ein­heit von Architek­tur und Plas­tik. Er war sich seines Wertes bewusst. Erfolg aber, all­ge­meine Zustimmung,
war zwar schön, gal­ten ihm nicht allzu viel. Er hat­te kein Tal­ent zur Zufrieden­heit. Sein Anspruch war hoch. Sein Blick galt der näch­sten Aufgabe.
Vor mir liegt sein schön­er Brief: Er schreibt von der Mitte als Quelle aller Energie, Schnittpunkt der Diag­o­nalen sein­er Schöp­fun­gen und Kern sein­er Vorstellung
vom Ursprung ein­er expandieren­den For­men­welt. Unbe­nennbar die Magie von Raum und Masse, die Sug­ges­tio­nen ein­er späten Werkphase.
Es muss gese­hen und erlebt wer­den, wie zugle­ich Inneres und Äußeres sein­er geöffneten Kugeln sich ent­fal­ten, rotierend, wie sich selb­st erklärend
nach alten Geset­zen der Geome­trie. Vit­ruv und Pal­la­dio hät­ten ihre Freude daran.
Die drama­tis­che Zus­pitzung gesellschaftlich­er Prob­leme, Util­i­taris­mus, die Benachteili­gung wehrlos­er Schwach­er, stimmten den ohne­hin schon
schw­er­müti­gen Mann immer pes­simistis­ch­er. Er, der schon in jun­gen Jahren Partei ergriff, engagiert war, sah die Ide­ale sein­er Gen­er­a­tion dahin schwinden.
Keine übliche Klage ist das über Wan­del und Wech­sel, denn er sah in der Beliebigkeit und Hand­lung­sun­fähigkeit Zeichen dro­hen­der Zerstörung.
Anspruch­s­los, ohne Allüren und Eit­elkeit­en, boden­ständig, treu sor­gend und ein guter Fre­und war Dieter Bohnet. Dass sein Leben bald enden würde, ertrug er stoisch.
Eine Ret­ro­spek­tive seines Werkes erlebte er noch, auch die Regelung des Nach­lass­es. Gesichert und gesichtet sind seine Arbeit­en, in guten Hän­den wohl verwahrt.
Wesentlich aber: Er wird an zahlre­ichen öffentlichen Plätzen wahrgenom­men. Schlicht wie sein Leben das Grab, nahe der Ruh­estät­ten von Adolf Hölzel und Ida Kerkovius.

Prof. Robert Preyer